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Rechtsprechung & Leitfäden

· Autor: Redaktion

Barrierefreies Wohnen

Wann dürfen Mieter umbauen? Wann müssen Eigentümer zustimmen? Die aktuelle Rechtsprechung zeigt: Barrierefreiheit ist Teil eines selbstbestimmten Lebens – aber sie endet oft im Streit über Zustimmung, Kosten oder Rückbau.

Barrierefreiheit als Mietrecht – § 554 BGB

Der § 554 BGB erlaubt Mieterinnen und Mietern, bauliche Veränderungen vorzunehmen, wenn sie wegen einer Behinderung notwendig sind. Das umfasst zum Beispiel den Einbau eines Sitzliftes, einer bodengleichen Dusche oder eines automatischen Türöffners.

  • Der Antrag muss vor dem Umbau schriftlich gestellt werden.
  • Der Vermieter darf nur ablehnen, wenn er ein berechtigtes Gegeninteresse nachweist, z. B. durch Beeinträchtigung der Bausubstanz oder anderer Mieter.
  • Der Mieter muss meist eine Rückbauzusage geben, falls der Zustand bei Auszug wiederhergestellt werden soll.

Gerichte bestätigen regelmäßig: Wenn Umbauten keine wesentlichen Nachteile bringen, ist die Zustimmung Pflicht.

Treppenlift & Gemeinschaftseigentum (WEG)

In Eigentümergemeinschaften wird Barrierefreiheit oft heikel, weil Treppenhäuser gemeinsames Eigentum sind. Der Einbau eines Plattformliftes oder eines Hubliftes benötigt die Zustimmung der übrigen Eigentümer – aber die Hürden sind kleiner geworden.

Seit der WEG-Reform 2020 gilt: Jede Person kann verlangen, dass Maßnahmen zur Barrierefreiheit auf eigene Kosten ermöglicht werden (§ 20 Abs. 2 WEG). Die Gemeinschaft darf die Ausführung nicht mehr grundlos verweigern, muss aber nicht mitzahlen, wenn sie keinen Nutzen hat.

Beispiel: Ein Rollstuhlfahrer darf einen Hublift installieren lassen, solange Statik und Brandschutz eingehalten werden. Kosten trägt er selbst.

Badumbau & Pflegekasse

Viele Streitfälle betreffen das Badezimmer. Wer einen barrierefreien Umbau durchführt, hat Anspruch auf Zuschuss der Pflegekasse – aber nur, wenn er den Antrag vorher stellt. Vermieter müssen zustimmen, wenn das Bad nach dem Umbau wiederherstellbar bleibt.

  • Rutschhemmende Böden, Haltegriffe, Sitzmöglichkeiten gelten als Standard.
  • Bodengleiche Duschen dürfen nur dann abgelehnt werden, wenn Leitungen oder Abdichtungen unzumutbar verändert würden.
  • Förderfähig bis 4.180 € pro Maßnahme und Person.

Gerichte erkennen zunehmend an, dass der Umbau im Bad ein Grundrecht auf Teilhabe sichert.

Kostenverteilung & Rückbau

Die Frage nach dem Geld entscheidet oft über den Streit.

  • Mieter: zahlen die Kosten selbst, können aber Zuschüsse (Pflegekasse, KfW) beantragen.
  • Eigentümer: tragen eigene Umbauten allein, dürfen aber Gemeinschaftsflächen nutzen, wenn sie diese danach pflegen und instandhalten.
  • Rückbaupflicht: besteht nur, wenn vereinbart oder ein erheblicher Nachteil für den Vermieter entsteht.

Die meisten Streitpunkte lassen sich vermeiden, wenn Umbauten vorher schriftlich abgestimmt und fotografisch dokumentiert werden.

Leitfäden & Urteile

  • BMWSB-Leitfaden Barrierefreies Bauen: juristische Grundlagen und Praxisbeispiele.
  • BauNetz Wissen: Zusammenstellung aktueller Gerichtsurteile zu Mietrecht und Barrierefreiheit.
  • Deutscher Mieterbund: Beispiele für Zustimmungspflichten bei Treppenliften und Bädern.

Diese Quellen zeigen: Barrierefreiheit ist längst keine „Gefälligkeit“ mehr, sondern rechtlich abgesichert – und ein entscheidendes Kriterium für den Werterhalt von Immobilien.

Fazit

Ob Mieter, Eigentümer oder Gemeinschaft: Wer die rechtlichen Grundlagen kennt, spart Zeit, Nerven und Geld. Die Gerichte urteilen zunehmend zugunsten von Menschen mit Einschränkungen – Barrieren sollen abgebaut, nicht juristisch zementiert werden.

Jan Trümmer
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